"Zuhause ist der erste Bildungsort von Kindern. Eltern begleiten ihre Kinder auf ihrem Bildungsweg. Dabei ist das Vermitteln von Kulturtechniken ein wesentlicher Auftrag. Vieles verändert sich durch die zunehmende Digitalisierung. Die zur Zeit herrschende Corona-Krise und der Ausnahmezustand in dem sich unser Land gerade befindet, zeigt, wie wichtig der Zugang zu digitalen Medien ist. Aber auch, dass ein sorgsamer Umgang damit gelernt werden will ", ist Familienbund-Präsident Mag. Bernhard Baier überzeugt.
Beim Familien-Medien-Gipfel, der noch vor der Krise in der Wirtschaftskammer Österreich in Wien stattfand, machte sich der Österreichische Familienbund gemeinsam mit dem Verband der Elternvereine an höheren und mittleren Schulen, dem Österreichischen Verband der Elternvereine an öffentlichen Pflichtschulen und der Plattform Eltern für Kindergesundheit gemeinsam mit Expertinnen und Experten auf die Suche nach Strategien für diese Herausforderungen.
Mag. (FH) Christine Aschbacher, Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend, betonte in ihrem Eingangsstatement, dass die Digitalisierung vieles ermögliche, aber nicht alles ersetzen könne. "Familien sind gefordert, sich mit dem Thema Digitalisierung auseinanderzusetzen. Auf der einen Seite weil es die Arbeitswelt fordert und auch weil unser Familienleben, unser Alltag davon geprägt ist. Die Vorbildfunktion von Eltern im Umgang mit digitalen Geräten ist prägend für Kinder. Offline-Zeiten sind ein Muss, ebenso wie Aufklärung über Fake News, Hasspostings oder Cybermobbing ", stellt die Familienministerin fest, die in diesem Zusammenhang auf den Verein saferinternet.at verweist, der hier schon sehr, sehr gute Aufklärungsarbeit für Familien und Schulen leistet.
Sehr eindeutig machte Assoz. Prof. Dr. Ulrike Zartler vom Institut für Soziologie der Universität Wien klar, wie der Status Quo der Mediennutzung in Familien in Österreich ist: "Digitale Medien gehören heute zum Alltag von Familien, Kindern und Jugendlichen. Bereits im Kindergarten- und Volksschulalter sind Kinder häufig Kontakt mit digitalen und sozialen Medien und verfügen punktuell über eine hohe Medienkompetenz in der Bedienung von Geräten und Apps. Herausforderungen entstehen beispielsweise durch permanente Erreichbarkeit, Druck zur Selbstdarstellung, prekäre Privatheit, Glaubwürdigkeit und Qualität von Daten, Zugang zu nicht altersgemäßen Inhalten und – für Eltern – Druck zur Reglementierung. "
"Sowohl Medienkonsum als auch Medienerziehung sind in der digitalen Welt anspruchsvoller geworden. Mütter und Väter können im Zeitalter mobiler Geräte nicht mehr auf die Erfahrungen ihrer eigenen Kindheit – mit Fernsehen oder dem gemeinsamen Familiencomputer – zurückgreifen ", so Zartler weiter, die ebenfalls die Vorbildfunktion der Eltern betont.
Mag. Elisabeth Rosenberger, Präsidentin des Bundeselternverbandes und SaferInternet-Trainerin ortet, dass Eltern und Kinder sich oft in sehr unterschiedlichen Wahrnehmungen der Online-Welt befinden: "Eltern kennen die von Kinder genutzten Apps wie Snapchat oder Tiktok nicht. Sie wissen wenig über die beliebtesten Youtuber oder Spiele. Eltern wissen oft nicht, dass WhatsApp (lt. deren Nutzungsbedingungen) erst ab 16 Jahren erlaubt ist. Ständig werden neue Apps und Spiele publiziert, kaum dass man geglaubt hat, man kenne sich jetzt aus.
Dafür sind bei Kindern Blockieren oder Melden Fremdworte und die Einstellungen ein Buch mit sieben Siegeln. ", Rosenberger wünscht sich, wie z.B. In Luxemburg, dass an jeder Schule Safer-Internet-Workshops verpflichtend durchgeführt und vom Bund finanziert werden.
Mag. Elke Prochaska, klinische Gesundheitspsychologin von Rat auf Draht, stellt fest: "Bei Rat auf Draht sind mittlerweile alle Themen mit den digitalen Medien verknüpft. Egal ob im Bereich Liebeskummer, Sexualität oder Gewalt. Viel der sexuellen Gewalt passiert etwa online. So gilt es für uns in der Beratung immer mit zu bedenken, ob es z.B. bei einer Suizidabsicht auch Unterstützungsgruppen im Internet gibt, die diese Absicht noch stützen könnten. Es ist wichtig, Jugendlichen wieder Handlungskompetenz zurück zu geben, in dem man sie z.B. über Gesetze im Bereich Sexting oder Hasspostings informiert. Es ist wichtig Eltern zu unterstützen, etwa, wie sie Kinder von Beginn an in ihrer sexuellen Entwicklung unterstützen können, aber auch, wie Medien im Alltag ein Teil – aber eben nicht der bestimmende Teil – sein können. Es gilt gemeinsam lebensnahe Möglichkeiten zu erarbeiten. "
Dr. Andrea Richter, Schulpsychologin Bildungsdirektion Niederösterreich betont: "Im Rahmen der Digitalisierung muss nicht nur der Umgang mit den sogenannten Neuen Medien erlernt werden, vielmehr ist die Entwicklung neuer Kommunikationsformen gefordert. Menschen setzen bei der Kommunikation untereinander sehr stark auf visuelle Eindrücke, die die Bedeutung des Gesagten verstärken oder relativieren können. Mit der Reaktion des Gegenübers wird in der Folge ein Abstimmungsprozess im Gespräch möglich, um schließlich auf der "gleichen Ebene " kommunizieren zu können. All das fällt in der schriftlichen Kommunikation im Internet weg, die oft zusätzlich durch Beschränkung der Anzahl verwendeter Zeichen zusätzlich begrenzt wird. Damit entsteht oft ein Prozess der Eskalation und der Missverständnisse, der dann den Ruf nach Maßnahmen von außen, sei es durch LehrerInnen oder den Gesetzgeber, laut werden lässt. Die digitalen Medien sind ein machtvolles Werkzeug, das ganz neue Welten eröffnet. Aber wie mit jedem Werkzeug muss der Umgang damit erlernt und genau überlegt werden. "
Bundesschulsprecherin Jennifer Uzodike sieht die Schule gefordert. Die Aufklärung im Bereich Digitalisierung hinke hinten nach. Kommunikation unter Jugendlichen erfolge aber nicht nur am Handy oder im Internet. Der Austausch der Generationen sei wichtig, aber die Lehrpersonen kämen "aus einem anderen Zeitalter ". Sie spricht sich für Workshops zwischen Älteren und Jüngeren aus.
Mag. Irene Perl von A1 Telekom Austria Group berichtet, dass A1 immer an die Digitalisierung geglaubt und bereits 2011 eine Schulungsinitiative gestartet hat. Der richtige Umgang mit digitalen Medien müsse im Kindergarten beginnen.
Die Workshops wurden einbegleitet von Da Vinci Lab, in welchen das Team rund um Anna und Peter Gawin aufzeigte, wie Kindern die Werkzeuge gegeben werden können, um bewusste und kritische Gestalterinnen und Gestalter der digitalen Welt zu sein. Wie wir die Neugier der Kinder auf innovative Lösungen richten können. Beim Ausprobieren hatten die Teilnehmenden viel Spaß!
Die digitalen Medien sind also längst fixer Bestandteil in jedem Familienalltag, und nahezu alle österreichischen Haushalte haben einen Zugang zum Internet. Und die User werden immer jünger. Bereits 81% der 3- bis 6-Jährigen nutzen digitale Medien. "Deswegen ist es ganz entscheidend, dass wir unseren Kindern möglichst früh beibringen, wie sie das Internet richtig nutzen. So können sie auch die vielen Chancen, die unsere digitale Welt mit sich bringt, voll ausschöpfen Die Krise bedeutet für Viele von uns zu Hause zu bleiben und die Zeit mit den Kindern können wir gleich dafür nutzen ", schließt Familienbundpräsident Bernhard Baier.